Mahler, Horst

 

 

 

 

*        23.01.1936 , Haynau

 

 

Rechtsanwalt. Häretiker. Ketzer. Ungläubiger. Politisch Unkorrekter. Verfolgter. Opfer der "eingeschränkten Meinungsfreiheit".

Aktuell (11.3.2009)
Horst Mahler, ehemaliger NPD-Anwalt, wurde zu einer Haftstrafe verurteilt. Das Landgericht Potsdam verurteilte den 73-Jährigen wegen Volksverhetzung zu fünf Jahren Gefängnis und zwei Monaten.
Potsdam - Der Rechtsextremist Horst Mahler ist am Mittwoch vom Landgericht Potsdam wegen Volksverhetzung in mehreren Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten verurteilt worden. Laut Anklage hatte der 73-jährige frühere NPD-Anwalt zwischen September 2001 und Oktober 2004 in mehreren Schriften den Holocaust geleugnet. Dabei geht es zum einen um mehrere Fälle von Volksverhetzung, die bei einem früheren Urteil des Landgerichts Hamburg noch nicht berücksichtigt wurden. Zum anderen geht es um Fälle, die die Staatsanwaltschaft Cottbus zur Anklage brachte.

Mahler wird damit zum zweiten Mal innerhalb von zwei Wochen zu einer hohen Haftstrafe verurteilt. Erst am 25. Februar war er am Landgericht München ebenfalls wegen Volksverhetzung zu einer sechsjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Die Richter hatten wegen Fluchtgefahr sofortigen Strafvollzug angeordnet. Deshalb wurde Mahler zur Fortsetzung des Prozesses in Potsdam jeweils aus der Untersuchungshaft vorgeführt und eine Überhaft angeordnet. Das bedeutet, dass Mahler aufgrund des Potsdamer Urteils auch dann im Gefängnis bleibt, wenn seine U-Haft in München aufgehoben werden sollte.
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Vater Zahnarzt; Februar 1945 Flucht vor der Roten Armee nach Naumburg/Saale; zeitweilig Übersiedlung nach Dessau, später (Tod des Vaters) nach West-Berlin; Studium der Rechtswissenschaft an der Freien Universität Berlin; 1960 Ausschluss aus der SPD infolge des Unvereinbarkeitsbeschlusses im Hinblick auf die Mitgliedschaft in SPD und; 1964 Gründung einer Anwaltskanzlei in Berlin - Schwerpunkt: Wirtschaftsrecht; erfolgreiche Tätigkeit als Verteidiger und Rechtsberater von Wirtschaftsunternehmen; 1967 Mitgründer des ,,Republikanischen Clubs" in Berlin - bald eines der Zentren der APO; 1968 Gründung eines ,,sozialistischen Anwaltskollektivs"; Verteidigung linker Studenten vor Gericht (u. a. Beate Klarsfeld, die Kommunarden Fritz Teufel und Rainer Langhans, den Kaufhausbrandstifter Andreas Baader); wegen APO-Aktivitäten standesrechtliche Verfahren gegen Mahler; März und Juni 1970 Verurteilung wegen der Teilnahme an der mit Gewalttätigkeiten verbundenen Demonstration gegen den Springer-Verlag nach dem Attentat auf Rudi Dutschke (Ostern 1968); Vorbereitung illegaler politischer Aktionen; im Hintergrund Mitwirkung bei der Baaderbefreiung im Mai 1970; Juni bis August 1970 militärische Ausbildung in einem Palästinensercamp im Nahen Osten; Rückkehr nach Deutschland - Aufbau einer terroristischen Untergrundorganisation; Beteiligung an einem Banküberfall; am 8. Oktober 1970 in Berlin-Charlottenburg verhaftet; 1973 wegen Bankraubs und Gefangenenbefreiung zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt; Juni 1974 Ausschluss aus der RAF wegen theoretischer Divergenzen; 1980 vorzeitig aus der Haft entlassen; nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom November 1987 erneut Tätigkeit als Rechtsanwalt.

Aus: Link

Mahler studierte als Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes Jura an der Freien Universität Berlin und war dort 1953/54 Mitglied der schlagenden Studentenverbindung Landsmannschaft Thuringia, ist jedoch wegen seiner geänderten politischen Einstellung auf dem Abschlussconvent ausgetreten. 1964 gründete er eine Anwaltskanzlei in Berlin und spezialisierte sich auf die mittelständische Wirtschaft. Im selben Jahr trat er im Thyssen-Bank-Prozess als Verteidiger auf. 1966 war er als erster deutscher Anwalt mit einer Beschwerde bei der Europäischen Menschenrechtskommission in Straßburg erfolgreich.

Vom SDS zur RAF

Mahler war Mitglied in der SPD und im SDS, wurde aber 1960 aus der SPD ausgeschlossen, nachdem diese die Unvereinbarkeit der beiden Mitgliedschaften beschlossen hatte.

Ab 1964 engagierte sich Mahler in der APO. In dieser Zeit war er als Anwalt für strafverfolgte Studenten tätig. Er verteidigte bis 1970 unter anderem Beate Klarsfeld, die Kommunarden Fritz Teufel und Rainer Langhans, den Studentenführer Rudi Dutschke, Peter Brandt, Sohn des damaligen Bundeskanzlers, sowie die späteren RAF-Terroristen Andreas Baader und Gudrun Ensslin. Am 1. Mai 1969 gründete er mit Hans-Christian Ströbele und Klaus Eschen das Sozialistische Anwaltskollektiv in Berlin. Es wurde 1979 aufgelöst.

Mahler war 1970 einer der Gründer der RAF. Er war an der Planung zur Baader-Befreiung und an drei Banküberfällen im September 1970 beteiligt. Nach der Befreiung Baaders flüchtete er mit ihm, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof und etwa 20 weiteren Mitgliedern der RAF nach Jordanien, um sich dort für den bewaffneten Kampf ausbilden zu lassen. Am 8.10.1970 wurde er in Berlin verhaftet und später wegen Bankraubs und Gefangenenbefreiung zu 14 Jahren Haft verurteilt. Seine Verteidigung hatte der spätere Bundesinnenminister Otto Schily übernommen.

Im Februar 1975 entführte die Bewegung 2. Juni den Politiker Peter Lorenz, um die Entlassung Mahlers und sechs seiner Mithäftlinge zu erpressen. Mahler blieb als Einziger freiwillig im Gefängnis, die sechs Mithäftlinge wurden freigelassen.

Mit Hilfe seines damaligen Rechtsanwalts, des späteren Bundeskanzlers Gerhard Schröder, wurde Horst Mahler 1980 nach Verbüßung von zwei Dritteln der verhängten Strafe vorzeitig aus der Haft entlassen. Sein Bewährungshelfer wurde Helmut Gollwitzer. 1987 wurde er nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs wieder als Anwalt zugelassen. In diesem Verfahren zur Wiederzulassung wurde Mahler wiederum von Gerhard Schröder anwaltlich vertreten.

Das Buch Der Minister und der Terrorist dokumentiert Mahlers Gespräche mit dem ehemaligen Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP).

Von der Haft in die NPD

Während der Haft erhielt Mahler unter anderem Besuch vom Politikwissenschaftler Iring Fetscher und Günter Rohrmoser, einem national-konservativen Sozialphilosophen und Mitglied der von der sozial-liberalen Bundesregierung eingesetzten Kommission zur Erforschung der geistigen Ursachen des Terrorismus. Nach seiner Haftentlassung besuchte Mahler Rohrmoser in Stuttgart und hielt am 1.12.1997 zu dessen 70. Geburtstag dort vor Gästen, darunter Hans Filbinger, eine Laudatio auf ihn. Darin forderte er u. a., das besetzte Deutschland müsse sich von seiner Schuldknechtschaft zum aufrechten Gang seiner nationalen Identität befreien.

Dies sahen ehemalige Weggefährten im SDS wie Günter Langer oder der Politikwissenschaftler Alfred Schobert als Coming out einer rechtsradikalen Gesinnung. Rohrmoser dagegen erklärte 1998, bezüglich der „die Religion und die sittliche Substanz zerstörenden Wirkung der 68er“ seien seine und Mahlers Positionen identisch, und gegenüber deren kulturrevolutionären Zielen charakterisierte er Mahlers Haltung als „national-christlichen Konservativismus“.

Mit Franz Schönhuber schrieb Mahler das Buch Schluß mit dem deutschen Selbsthaß. Er sah mittlerweile das Germanentum als „Mittel der Gesundung des deutschen Volkes“.

Am 12. August 2000 trat Mahler in die NPD ein. In seiner Presseerklärung dazu hieß es, er halte das Grundgesetz für ein „Provisorium für die Übergangszeit bis zur Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit des Deutschen Reiches“. Von 2001 bis 2003 vertrat Mahler die NPD vor dem Bundesverfassungsgericht, als die damalige Bundesregierung erfolglos versuchte, ein Verbot der NPD zu erreichen. Seine Schriftsätze an das Gericht bestanden in weiten Teilen aus ideologischen Textpassagen unterschiedlichster Herkunft[7]. Der ehemalige Mitgründer der RAF argumentierte im Verfahren zum Teil auf der Basis eigener Erfahrungen mit dem V-Mann Peter Urbach, der in den späten 1960er Jahren in der Studentenbewegung eingesetzt war. Mahler gehörte zwischenzeitlich zu den Führungsfiguren der NPD, trat aber nach der Einstellung des Verbotsverfahrens 2003 wieder aus der Partei aus. Dies begründete er mit den Worten „Die NPD ist eine am Parlamentarismus ausgerichtete Partei, deshalb unzeitgemäß und – wie das parlamentarische System selbst – zum Untergang verurteilt.“

Nach seinem NPD-Austritt

Im November 2003 gründete Mahler den 2008 als verfassungsfeindlich verbotenen Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten, dem neben ihm selbst eine Reihe bekannter Holocaustleugner angehörten.

Mahler vertritt seit seiner Haftentlassung auch antisemitische Positionen. Ab Februar 2004 stand er als Mitgründer des rechtsextremen Deutschen Kollegs zusammen mit Reinhold Oberlercher und Uwe Meenen wegen Volksverhetzung vor dem Landgericht Berlin. Grund war ein im Oktober 2000 von ihnen publiziertes Pamphlet mit dem Titel „Ausrufung des Aufstandes der Anständigen“, in dem unter anderem das Verbot der jüdischen Gemeinden in Deutschland, die Ausweisung aller Asylbewerber, „aller arbeitslos gewordenen Ausländer“ und weitere Maßnahmen dieser Art gefordert wurden. Mahler wurde zudem vorgeworfen, dass im September 2002 mit seiner Billigung in der Parteizentrale der NPD in Berlin-Köpenick ein Schriftstück an Journalisten verteilt worden war, in dem Hass gegen Juden als „untrügliches Zeichen eines intakten spirituellen Immunsystems“ bezeichnet wurde.

Nachdem er während des Prozesses den Richtern, den Schöffen und dem Staatsanwalt die Todesstrafe nach dem Reichsstrafgesetzbuch angedroht und im Gericht antisemitische Äußerungen gemacht hatte, erteilte das Amtsgericht Tiergarten Mahler am 8.04.2004 ein vorläufiges Berufsverbot. Ähnliche Todesdrohungen gingen an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages und zwei Anwälte der Partei Bündnis 90/Die Grünen. Wegen der antisemitischen Kommentare erhob die Staatsanwaltschaft eine neue Anklage. Während des Prozesses ordnete das Landgericht an, Mahler von einem psychiatrischen Sachverständigen begutachten zu lassen. Er wurde schließlich zu einer Haftstrafe von neun Monaten verurteilt.

Um Mahlers Teilnahme an der Teheraner Holocaust-Konferenz zu verhindern, wurde ihm im Januar 2006 von den brandenburgischen Behörden für einen Zeitraum von sechs Monaten der Reisepass entzogen. Das Innenministerium begründete dies damit, dass Mahler mit erneuten antisemitischen Äußerungen auf dieser Konferenz das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland erheblich beschädigen würde. Dies sei rechtlich zu unterbinden.

In einem weiteren Prozess wegen Volksverhetzung, bei dem seine Lebensgefährtin Sylvia Stolz ihn anwaltlich vertrat, wurde Mahler erneut verurteilt.

Bei seinem Haftantritt am 15.11.2006 zum geschlossenen Vollzug in der Justizvollzugsanstalt Cottbus-Dissenchen zeigte Mahler nach Polizeiangaben den Hitlergruß und rief etwa 35 Anhängern „Heil“ zu. Dafür verurteilte ihn das Landgericht Cottbus am 22. Juli 2008 zu weiteren 11 Monaten Haft ohne Bewährung. Gegen ein vorausgegangenes Urteil des Amtsgerichts (mit einem Strafmaß von sechs Monaten) hatten Anklage und Verteidigung Berufung eingelegt.  Beim Landgericht Potsdam liegen mehrere weitere Anklagen wegen Volksverhetzung gegen Mahler vor. Die Süddeutsche Zeitung berichtete am 23. November 2007 von Einschreiben Mahlers an den Bürgermeister seines Wohnorts Ebersberg. Darin leugnete er erneut den Holocaust und verherrlichte den Nationalsozialismus.

In einem im Oktober 2007 geführten Interview mit der Zeitschrift Vanity Fair begrüßte Mahler seinen Interviewpartner Michel Friedman mit den Worten: Heil Hitler, Herr Friedman und leugnete im Gesprächsverlauf den Holocaust.  Am 28.04.2008 wurde er deshalb vom Amtsgericht Erding wegen Volksverhetzung und Beleidigung zu zehn Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt.  Mahler hat Revision gegen das Urteil eingelegt.

 Seine Äußerungen gegenüber Friedman bestritt er nicht.

Einzelnachweise

  1.  Berühmte (und berüchtigte) Korporierte

  2.  Ist das Ende der Defundamentalisierung der Kultur in Sicht? - Gedanken zum 70. Geburtstag von Günter Rohrmoser Rede Horst Mahlers zum 70. Geburtstag Günter Rohrmosers, 1.12.1997

  3.  Günter Langer: Offener Brief an Horst Mahler

  4.  Alfred Schobert zu Horst Mahlers Rede

  5.  Gerhard Quast, Peter Krause: „Das einfache Weltbild verwirrt“. In: Junge Freiheit, 24.04.1998

  6.  Horst Mahler, Franz Schönhuber: Schluss mit deutschem Selbsthass: Plädoyers für ein anderes Deutschland. Druffel & Vowinckel, 2000, ISBN 3861180936

  7.  :Rechtsanwalt Horst Mahler: Stellungnahme der Antragsgegnerin im Verfahren Deutsche Bundesregierung und andere gegen NPD (30.08.2002, siehe z. B. S. 46 ff)

  8.  Rechtsanwalt Horst Mahler: Stellungnahme der Antragsgegnerin im Verfahren Deutsche Bundesregierung und andere gegen NPD. 30.08.2002, S. 31 ff

  9.  zitiert nach: Frank Aydt: Grenzgänger zwischen Alter und Neuer Rechter. Sprche und Ideologie Horst Mahlers am Beispiel seiner Propaganda im Internet. In: Wolfgang Gessenharter, Thomas Pfeiffer (Hrsg.): Die neue Rechte – eine Gefahr für die Demokratie? VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2004, ISBN 3810041629, S. 109.

  10.  Berliner Zeitung: Behörde entzieht dem Rechtsextremisten Mahler den Pass. Mögliche Teilnahme an Teheraner Holocaust-Konferenz soll verhindert werden (27.01.2006)

  11.  Netzeitung: Lob für Ausreiseverbot gegen Rechten Mahler, 27.01.2006)

  12.  Frank Käßner: welt-online.de: „Agitator, Hetzer, Brandredner“, 16.02.2007

  13.  Elf Monate Haft für Rechtsextremist Mahler, rbb-online, 22.07.2008

  14.  Michel Friedman: Horst Mahler - So spricht man mit Nazis (Teil 1 des ungekürzten Vanity-Fair-Interviews); Teil 2

  15.  Süddeutsche Zeitung, 28. 04.2008: Mahler muss ins Gefängnis

  16.  tagesspiegel.de: Rechtsextremist Mahler geht in Revision (abgerufen am 2.08.2008)

Literatur

  • Rainer Erb, Andreas Klärner: Antisemitismus zur weltgeschichtlichen Sinnstiftung – Horst Mahler vor Gericht. In: Wolfgang Benz (Hrsg.): Jahrbuch für Antisemitismusforschung. Band 14, Berlin 2005, S. 111-134.

  • Friedrich Paul Heller, Anton Maegerle: Die Sprache des Hasses: Rechtsextremismus und völkische Esoterik: Jan van Helsing, Horst Mahler … Schmetterling-Verlag, Stuttgart 2001.

  • Eckhard Jesse: Biographisches Porträt: Horst Mahler. In: Uwe Backes/ders. (Hrsg.): Jahrbuch Extremismus & Demokratie. Band 13, Baden-Baden 2001, S. 183-199.

  • Martin Jander: Horst Mahler. In: Wolfgang Kraushaar (Hrsg.): Die RAF und der linke Terrorismus. Hamburg 2006, Bd.1, S. 372-397.

  • Gerhart Baum / Horst Mahler: Der Minister und der Terrorist – Gespräche. Reinbek bei Hamburg 1980. ISBN 3-499-33001-

Haftunterbrechung, weil Todkrank